
Wenn Leute darüber berichten, wie ihr Stress aussieht und wie sie damit umgehen, handelt es sich meiner Erfahrung nach um sehr individuelle Wahrnehmungen. Allein das Wort „Stress“ wird so inflationär benutzt, dass ich inzwischen weitgehend darauf verzichte. Entsprechend sind auch die Tipps zum Umgang damit oft nur wenig übertragbar. Die Umstände, in denen man lebt und arbeitet, haben einen erheblichen Einfluss darauf, wie intensiv das eigene Leben ist. Einige Beispiele:
- An der Schule hat es in der Regel einen erheblichen Einfluss, ob ich Berufsanfänger bin oder schon einige Jahre als Lehrer arbeite. Am Anfang werde ich für die selben Stunden viel mehr Aufwand betreiben müssen als später. Das „Nein“-Sagen lernt man meist erst im Laufe der Jahre – wenn überhaupt.
- Die Fächerkombination beeinflusst die tägliche Belastung erheblich. Ebenso die Schulart, an der man unterrichtet und die Höhe der Stundenverpflichtung.
- Die außerschulischen Lebensumstände tragen natürlich erheblich dazu bei, wie ich meine Arbeit einteilen kann und wie viele Freiräume ich habe.
Neben diesen externen Umständen spielt die eigene Belastbarkeit eine erhebliche Rolle dabei, wann und wie „Stress“ empfunden wird.
Meine hauptsächliche Quelle anstrengender Situationen ist die zeitliche Häufung von Verpflichtungen. Es ist ja ein Merkmal des Lehrerberufs, dass wir termingetrieben sind. Die Unterrichtsstunden für den nächsten Tag müssen vorbereitet werden, diese Frist lässt sich nicht verschieben. Auf diese Grundschicht terminlich festgezurrter Arbeit kommen dann viele weitere Schichten, bei denen oft ebenfalls Termine und Fristen vorhanden sind. Erfahrungsgemäß gibt es Zeiten im Schuljahr, in denen sich die Aufgaben häufen, so dass die verfügbare Zeit dafür geringer wird.
Wenn man gut organisiert ist, seine Termine und Aufgaben kennt, einen Überblick über den Verlauf eines Schuljahres hat, kommt es weniger häufig zur ungewollten Verdichtung von Aufgaben. Ich führe also einen Kalender, in dem alle Termine notiert werden (beruflich und familiär), ich schreibe mir alle außer den banalsten Aufgaben auf und hake sie ab, wenn sie erledigt sind. In der Familie sprechen wir regelmäßig die anstehenden Termine ab, so das meine Frau und ich gegenseitig wissen, wer wann welche Verpflichtungen hat.
– Ich versuche darauf zu achten, möglichst nur solche Aufgaben zu übernehmen, die mir auch Freude machen.
– Es hilft mir, das ein oder andere Hobby zu haben, das kaum Berührungspunkte mit meinem Beruf hat.
– Im Laufe der Jahre habe ich mir beigebracht, dass nicht alle Dinge, die dringlich scheinen, auch dringlich sind. Vieles kann länger warten als man zunächst glaubt.
Meine Strategien zur Bewältigung von arbeitsintensiven Situationen sind eher auf langfristige Persönlichkeitsentwicklung ausgelegt. Damit ist man natürlich nie fertig, denn der Weg geht ja immer weiter und die Herausforderungen ändern sich. Bisher hat jedes Schuljahr seinen eigenen Charakter gehabt: Die Kombination aus unterrichteten Klassen, Stundenplan, familiärer Situation etc. schafft jedes Jahr ein Konglomerat, das mehr oder weniger anstrengend ist.
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